von Nicolas Lair
04. Juli 2024
SOMMER
Wild, frei & spektakulär: Die Klammen der Region Seefeld
Ich höre einen tosenden Wasserfall, ich laufe durch 80 Meter tiefe Schluchten und beobachte das Farbenspiel in den Wasserbecken. Wo bin ich? Wenn all diese Eindrücke zusammenkommen, ist die Chance groß, dass ich mich in einer der spektakulären Klammen der Region Seefeld befinde. Gleich fünf Exemplare dieses Naturphänomens sind am Seefelder Hochplateau und der nahen Umgebung zu finden.
EIN ECHTES NATURHIGHLIGHT
Die Geisterklamm
Gespenstisch und familienfreundlich passt nicht zusammen? Wer das behauptet, war noch nie in der Geisterklamm in Leutasch. Hier treffen Höllenwasser und Hexenkessel auf Naturhighlights und fesselnde Geschichten.
Die Leutascher Geisterklamm in ihrer vollen Farbenpracht
Die Geisterklamm zwischen Leutasch und Mittenwald ist für mich eines der größten Highlights der ganzen Region. Tosende Wasserfälle, reißende Schluchten, sanfte Wasserbecken und spektakuläre Wege ergeben hier gemeinsam ein beeindruckendes Erlebnis für Jung und Alt. Als ich die Klamm zum ersten Mal betreten habe, wurde mir eines schnell klar. Hier dreht sich alles um einen Mythos. Ein Mythos, der alle Klamm-Besucher früher oder später in seinen Bann zieht. Seit Sommer 2023 begeistert die Geisterklamm mit einem neu gestalteten Themenweg. Besucher jeden Alters wandern auf vier verschiedenen Runden durch die Klamm und entdecken sie so auf spielerische Weise. Es warten fesselnde Geschichten, zahlreiche Spiele und interessante Fakten. Egal auf welchem Weg man diese Klamm erkundet, das authentische Naturerlebnis zwischen rauschendem Gewässer und malerischem Bergwald ist echt einmalig. Vor allem die jüngeren Besucher hat der Mythos oft schnell in seinen Bann gezogen. Wen all das noch nicht überzeugt hat, den beschleicht spätestens beim Blick von der 75 Meter hohen Brücke ein gewisses Gefühl der Übernatürlichkeit. Ein Ausflug eignet sich besonders für Familien mit Kindern. Der Eintritt ist kostenlos und wer von der Wanderung Appetit bekommen hat, der kann im Klammstüberl auf eine besondere Köstlichkeit stoßen.
NATURBESLASSEN UND UNGEZÄHMT
Die Gleirschklamm
Auch die Gleirschklamm in Scharnitz versprüht jede Menge Magie. Die Kombination aus wildromantischen Wasserfällen, kristallklarem Wasser und imposanten Steintunneln ergibt hier ein besonderes Naturschauspiel.
Die Gleirschklamm ist ein Erlebnis für alle Sinne
Die Gleirschklamm ist rau, sie ist naturbelassen und vor allem ist sie eines: ungezähmt. Seit jeher besticht sie durch imposante Felsen, Wasserfälle und glasklares Wasser. Wer schon einmal in dieser Klamm war, der weiß: Die Energie des Wassers ist hier deutlich zu spüren. Die schiere Kraft, mit der sich das eiskalte Nass hier seinen Weg durch das Gestein bahnt, fordert eine große Portion Respekt ein. Ca. 45 Minuten habe ich gebraucht, um den Weg über Brücken und durch meterhohe Felsen hindurch zu bewältigen. Entlang dem rauschenden Nass geht es kontinuierlich auf einem schmalen Steig durch die Schlucht. Am Ende angekommen, kann ich drei Empfehlungen aussprechen. 1: Egal wie warm es ist, die Flipflops sollten bei dieser Wanderung lieber zu Hause bleiben, hier braucht es festes Schuhwerk. 2: Wer nicht schwindelfrei ist, sollte sich lieber eine andere Wanderung in der Region Seefeld aussuchen. 3: Wer das Meiste aus seiner Tour durch die Klamm herausholen will, nimmt sich unterwegs mehrmals die Zeit stehenzubleiben und das beeindruckende Naturschauspiel mit allen Sinnen aufzusaugen. Apropos Sinne: Wer die Ohren spitzt und sich die Zeit nimmt genau hinzusehen, der kann die zwitschernden Wasseramseln entdecken, die in der Klamm brüten. Sie bilden einen herrlichen Kontrast zum Rauschen des Baches. Als ich andere Wanderer gefragt habe, was die an der Gleirschklamm schätzen, kam fast immer die gleiche Antwort: Selten kann man die Natur in ihrer Vielfalt und Einzigartigkeit so sehr genießen wie hier. Wer so richtig auf Tuchfühlung mit diesem Naturhighlight gehen möchte, nimmt an einer Naturführung in Begleitung eines Naturpark-Rangers teil.
BADEN UND ENTSPANNEN
Die Schlossbachklamm
Die dritte Klamm im Plateau-Bunde ist die Gumpen-reiche Schlossbachklamm in der Nähe von Reith bei Seefeld. Sie zeichnet sich durch ihre typische Schluchtenlandschaft mit vielen kleinen Wasserfällen aus.
Die Schlossbachklamm ist der perfekte Ort für eine kühle Erfrischung
Das Wasser ließ in der Schlossbachklamm über die Jahrhunderte viele kleine Gumpen entstehen, welche heute gerade an heißen Sommertagen zum Baden einladen. Der direkte Zugang zum Wasser eignet sich hier perfekt für eine erholsame Rast und stellt eine erfrischende Alternative zum Schwimmbad dar. Die Wege durch die Schlossbachklamm zeichnen sich großteils durch ihre sanfte Führung aus und sind daher gut für Familien geeignet. Möchte man die ganze Klamm erobern, braucht es etwas mehr Kondition und Erfahrung. Mit größeren Kindern ist aber auch das kein Problem. Das Praktische an der Schlossbachklamm: Mit dem Zug wird eine Wanderung hier zur Rundreise. Wer sein Abenteuer am Bahnhof in Reith startet, kommt am anderen Ende der Klamm am Bahnhof Hochzirl raus und kann mit dem Zug wieder entspannt zum Ausgangspunkt zurückfahren. Weil diese Kombination aus Wanderung und Zugfahrt auch umgekehrt funktioniert, können sich die Ausflügler selbst aussuchen, wie anstrengend der Wandertag werden soll. Noch ein Fun Fact zur Schlossbachklamm: Eine Film-Crew drehte hier vor etwas mehr als 30 Jahren einige Szenen für den Hollywoodfilm „K2“.
Wer diese drei Highlights schon entdeckt hat, für den gibt’s ganz in der Nähe die Chance auf mehr.
Sommer wie Winter
Die Partnachklamm
Die namensgebende Partnach sorgt für ein schönes Farbenspiel in der Garmischer Klamm
Im benachbarten Garmisch ist die bis zu 80 Meter tiefe Partnachklamm beheimatet. Kaum tritt man in die 1912 zum Naturdenkmal erklärte Klamm ein, ist man von massiven Felswänden umgeben. Unter den Füßen rauscht das Wasser wild und unbändig durch. Das Zusammenspiel der beeindruckenden Gesteinsmassive mit dem kühlen Nass sorgt alle paar Meter für neue Perspektiven und Farbspiele. Heute gibt sich die auch im Winter geöffnete Partnachklamm für Besucher zahm und nahbar, früher sah die Geschichte allerdings ganz anders aus. Damals mussten Bergsteiger die Klamm auf dem Weg zur Zugspitze noch umgehen, heute führen gleich zwei sichere Wege hindurch.
Zum Wandern und Klettern
Die Ehnbachklamm
Neben rauschendem Gewässer bahnt sich ein kleiner Weg durch die Ehnbachklamm.
Fährt man mit dem Auto von Seefeld Richtung Innsbruck, kann man auf dem Weg in Zirl auf ein verstecktes Juwel stoßen. Die Ehnbachklamm ist von allen Genannten wohl die Vielseitigste. Nach einigen Stufen zu Beginn habe ich erst eine „typische“ Klamm vorgefunden. Auf einem schmalen, gut gesicherten Weg habe ich mir meinen Weg an Felsen und Gewässer vorbei gebahnt und die imposanten Eindrücke aufgesaugt. Das Einzigartige an der Ehnbachklamm: Am „Ende“ der Schlucht tut sich eine Staumauer auf, hinter der sich ein weites Bachbett verbirgt. Dort finden Familien einen perfekten Ort für Picknicks und viel Platz zum Spielen und Planschen vor. Neben Familien sind hier auch jede Menge Kletterer zu Hause. Einer von ihnen erzählt mir auf meiner Wanderung, dass es hier über 130 Routen in allen Schwierigkeitsgraden gibt.
So komme ich hin
Die Anreise zu den aufgelisteten Klammen funktioniert fast immer unkompliziert und umweltschonend.
Geisterklamm:
Die Leutascher Geisterklamm ist sehr bequem und einfach erreichbar, entweder mit öffentlichen Verkehrsmitteln oder mit dem Auto. Mit der Buslinie 431 kommt man von Telfs, Mittenwald und Leutasch direkt zum Eingang der Leutascher Geisterklamm. Dort sind auch genügend PKW-Parkplätze vorhanden. Zusätzlich besteht die Möglichkeit, die Anreise auch mit einer Fahrradtour zu kombinieren.
Gleirschklamm:
Mit der Bahn fährt man bis zum Bahnhof Scharnitz und von dort aus führen ca. 10 Minuten Fußweg zum Naturpark-Infozentrum, welches der Ausgangspunkt der Wanderung ist. Das Infozentrum ist von überall am Plateau mit dem Bike zu erreichen und auch Parkplätze für PKW sind in Scharnitz zur Genüge vorhanden.
Schlossbachklamm:
Die Schlossbachklamm eignet sich besonders für öffentliche Anreise, da sich die Klamm zwischen den Bahnhöfen Hochzirl und Reith bei Seefeld befindet. Die Einstiege zur Klamm sind jeweils fußläufig von den Haltestellen erreichbar. Beide Bahnhöfe verfügen ebenfalls über einen PKW-Parkplatz.
Partnachklamm:
Vom Seefelder Hochplateau kommt man mit Bahn, Bus und PKW nach Garmisch. Vom Bahnhof in Garmisch braucht man zu Fuß ca. 25 Minuten zur Partnachklamm. Wem das zu weit ist, den bringen die Dorfbusse (Linie 1 und 2) zum Olympia-Skistadion, dem Ausgangspunkt der Wanderung. Wer mit dem PKW anreist, parkt direkt beim Skistadion.
Ehnbachklamm:
Mit dem PKW parkt man am Rotkreuz-Parkplatz in Zirl, der sich direkt neben der Bundesstraße von Seefeld nach Zirl befindet. Wer mit den Öffis anreisen möchte, kann mit dem Bus vom Plateau nach Telfs fahren und dort in einen Bus nach Zirl umsteigen. Auch im Rahmen einer längeren Rad-Tour ist ein Besuch der Ehnbachklamm möglich.
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